11.1.06

HOK: Fallstudie: "Rendezvous mit dem Tod" - Etablierte Medien (Contra)

Klaus Wiegriefe kontert in Spiegel Online ("Steile These, schwache Belege") die Aussagen des Films mit den Hauptargumenten der Kritiker: Die These ist nicht wirklich neu und die Indizien halten einer genaueren Prüfung nicht ausreichend Stand.
Doch hält der Film wirklich, was seine Macher versprechen: Die Auflösung des spektakulärsten Politikermordes der vergangenen Jahrzehnte? (...)
Und in der Tat wirken die von ihm gesammeltem Indizien auf den ersten Blick überwältigend: Mitschnitte von abgehörten Telefonaten der kubanischen Botschaft in Mexico City, Unterlagen des sowjetischen Geheimdienstes KGB, Aussagen zahlreicher kubanischer Geheimdienstoffiziere. Doch bei genauerem Hinsehen erweisen sich die Glieder der Beweiskette als wenig belastbar.
Keiner der Zeugen Huismanns war an der angeblichen Operation persönlich beteiligt. Unklar bleibt, auf welche Weise die Kubaner dem Attentäter Oswald geholfen haben sollen. Viele Zeugen sind - obwohl Huismann einen gegenteiligen Eindruck erweckt - der Kennedy-Forschung bekannt und ihre Aussagen von verschiedenen Untersuchungskommission und Historikern verworfen worden. Und was Huismann an Neuem zusammengetragen hat, wirft zu viele Fragen auf, als dass sich damit die Geschichte umschreiben ließe.

Ähnlich kritisch beurteilt Andreas Förster in der Berliner Zeitung ("Spur nach Havanna") die Belege für die These, Kuba stecke hinter der Ermordung Kennedys.
Eine Version, die so, wie sie der Film präsentiert, plausibel klingt. Die aber auch nicht mehr als eine neue Verschwörungstheorie ist.Denn an wirklich harten Beweisen mangelt es dem Film. Huismann präsentiert stattdessen die Aussagen von ehemaligen kubanischen Geheimdienstlern, die seit Jahren im Ausland leben und offenkundig mit dem Castro-Regime gebrochen haben.
Dass Kuba Oswald vor den Augen der amerikanischen Geheimdienste in Mexico-City, einem berüchtigten Tummelplatz für Agenten zur Zeit des kalten Krieges, mit dem Mord an Kennedy beauftragt haben soll, hält Förster für wenig plausibel. "Huismanns Dokumentation jedenfalls kann diese Zweifel nicht ausräumen". In die gleiche Kerbe schlägt Jochen Bittner bei der Zeit ("Liess Castro Kennedy ermorden?"). Die These von Huismann klinge zwar plausibel: "Doch wer heute abend genau hinguckt, wird entdecken, dass viele Bindeglieder der Argumentationskette fehlen."

Gar kein gutes Haar lassen Harald Neuber in Telepolis ("Rendezvous mit der Quote") und Horst Schäfer in einem Interview jungen Welt ("Huismanns Behauptungen sind ein uralter Ladenhüter") an Huismanns These. Neuber:
Während fehlende Beweise durch eine schmissige Aufmachung und Bewerbung durch den WDR und andere Beteiligte ersetzt werden, drängt die Frage nach dem Sinn. Diese ist vielleicht am ehesten in dem finanziellen Aufwand zu suchen. Die 850.000 Euro Produktionskosten müssen schließlich wieder eingespielt werden.
Schäfer kennt sich mit der Materie aus, er hat als Korrespondent in den 1960er Jahren in Washington gearbeitet, mit Insidern aus der Verwaltung gesprochen, interne Akten eingesehen und ein Buch über die Kuba-Politik der USA in dieser Zeit publiziert ("Im Fadenkreuz: Kuba"). Dabei gewann er einen gänzlich anderen Eindruck als Huismann:
Mir fiel auf, daß ein großer Teil der Beteiligten an den Mord- und Terroraktionen von CIA, Mafia und Exilkubanern gegen Kuba bei den Untersuchungen des US-Kongresses als Verdächtige im Kennedy-Mord wieder auftauchen. Und viele von denen starben dann eines plötzlichen Todes, oft kurz vor ihrer geplanten Vernehmung durch den US-Kongreß. Sollte der kubanische Geheimdienst alle diese Top-Funktionäre der CIA, Mafiosi und Exilkubaner zuerst umgedreht und dann auch noch ermordet haben?
In einem Auszug aus seiner Publikation legt Schäfer seine Ansicht dar, wonach Kennedy nachweisbar kurz vor seiner Ermordung bereit war, mit der kubanischen Regierung Verhandlungen aufzunehmen und diese bereits eingefädelt worden waren. Castro hätte demnach kein vernünftiges Interesse gehabt, Kennedy umzubringen.

In die Reihe der Kritiker reiht sich auch Ronald D. Gerste ein, der in der NZZ am Sonntag vom 8. Januar: "Der grösste Schwachpunkt des Films aber ist seine ausschliessliche und kritiklose Fixierung auf Lee Harvey Oswald als den alleinigen Täter." Das Castro das Risiko eines solchen Attentats wirklich in Kauf nehmen wollte, dies vermöge "kein pensionierter Geheimdienstmann, welcher Ideologie auch immer, dem Zuschauer wirklich glaubhaft zu machen."

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