Aus der Welt der Wikis: Jagd auf Experten
Die Ankündigung eines neuen, Wikipedia ähnlichen Web-Dienstes namens Digital Universe wirft (wieder) die Frage auf, wie kollaboratives Wissen im Internet erstellt und wie die wissenschaftliche Qualität der Beiträge gesichert werden sollen. Digital Universe, das im Jahr 2006 mit ersten Resultaten an die Öffentlichkeit gehen will, versucht Fachexperten für die (freiwillige) Mitarbeit zu gewinnen, um den wissenschaftlichen Qualitätsanspruch zu erfüllen. Dabei soll ein komplexes System von Fachportalen die Experten zum Mitmachen bewegen.
Genau dort liegt aber wohl die Schwierigkeit. Warum sollten Experten ihr Fachwissen in ein offenes Gratis-Projekt investieren? Die Experten haben meist ihre eigenen Kanäle und Wissensräume, wo der Austausch von relevanten Informationen stattfindet (in Geschichte nimmt für den deutschsprachigen Raum Clio-Online etwa eine solche Funktion ein). Warum sollten sie sich noch in einem anderen Umfeld betätigen?
Der Versuch eines kollaborativen Enzyklopädie-Projekt, deren Beiträge Fachleute im Peer-Review-Modus erstellen sollten, hatte auch Wikipedia-Gründer James Wales mit dem Projekt "Nupedia" (nicht mehr erreichbar, nur noch im Internet Archiv) versucht. Als dann nach drei Jahren nur 30 Artikel zusammengekommen waren, kam Wales auf die Idee, eine Art "Notizblock für Jedermann" zu eröffnen: Wikipedia. Hier sollten gleichsam ohne grossen Peer-Review-Druck Entwürfe für Artikel entstehen, die später in Nupedia aufgenommen werden sollen. Wikipedia hob ab. Nupedia ist vergangen und vergessen. Nun gründete der ehemalige Angestellte von Wales, der das Projekt Nupedia betreute, Larry Sanger, die mögliche Konkurrenz Digital Universe.
Die Jagd nach Experten hat aber auch bei Wikipedia, von Wikipedia-Nörglern nicht ganz zu unrecht als grosse Dilettanten- und Schüleraktionsplattform verspottet, nicht aufgehört. Wales selber wünscht sich mehr Mitarbeit von Fachwissenchaftlern. Zur Veränderung des Prozesses bei der Erstellung der Artikel gehören auch Pläne, wie bei der Entwicklung von Software "stabile", nicht mehr von jedermann veränderbare Versionen zu haben und daneben "live"-Versionen zu führen, die weiter entwickelt werden und erst nach Absolvierung eines Review-Vorganges in eine neue stabile Version überführt werden sollen.
Vielleicht brauchen die Experten diese Enzyklopädie-Portale weniger als die Portale die Experten?
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