21.12.06

HOK (in eigener Sache): hodel.hist.net.blog ist tot! Es lebe weblog.histnet.ch!

Liebe Leserin, lieber Leser dieses Blogs,

ob Sie nun zufällig über eine Suchmaschine hier landen oder zu den regelmässigen Besucher/innen dieses Blogs gehören: der Zeitpunkt ist gekommen, sich von hodel.hist.net.blog zu verabschieden. Nach 15 Monaten und 188 Einträgen ist nun der Zeitpunkt gekommen, zu expandieren und vor allem auf ein etwas leistungsfähigeres Blog-System umzustellen.

Ich ziehe um auf weblog.histnet.ch, das nun zu einem integralen Bestandteil der Website hist.net wird. Kollege Peter Haber wird sich auch mit Blog-Einträgen beteiligen und (wer weiss) eventuell wächst die Zahl der Autoren noch, bzw. nutzen wir die Möglichkeit, auch Gast-Autoren die Kolumne zu öffnen.

weblog.histnet.ch ist noch nicht ganz fertig gestaltet, das sollte sich aber in den nächsten Wochen noch ändern. Die Abonnierung von RSS-Feeds ist dank Kategorien wesentlich einfacher, bzw. differenzierter möglich.

Selbstverständlich sind alle Einträge aus hodel.hist.net.blog vollumfänglich auch in weblog.histnet.ch vorhanden! Es geht also nichts verloren an Wissenswertem und Interessantem (auch nicht die Kommentare!).

Also: Lebwohl hodel.hist.net.blog und Danke für die schöne Zeit! Und an Sie, liebe Leser: Auf Wiedersehen bei weblog.histnet.ch.

15.12.06

HOK Lesen: Quellen: Politik und Gesellschaft in PC-Games

Irgendwann werden auch PC-Games zu Quellen historischer Fragestellungen werden. Zum Beispiel könnte danach gefragt werden, welche Vorstellungen von Gesellschaft und Politik darin vermittelt werden. Tobias Bevc hat dies bereits untersucht und kommt zum (wenig überraschenden) Schluss, dass hier vor allem "Affirmation des Bestehenden" zu finden sei.

Bemerkenswert fand ich zwei Dinge in dieser kurzen Abhandlung: Zum einen weist Bevc auf die Eigenheiten von PC-Spielen hin, die nicht nur aus Narrationen bestehen, die lesend interpretiert werden müssen, sondern durch die Nutzer selber gesteuert und gestaltet werden. Interessanterweise spielt die Zeitebene eine wichtige Rolle, und zwar nicht die Zeitlichkeit der Geschichte des PC-Spiels, sondern jene, die aus der Interaktion von Nutzer und Ereignissen im Spiel entsteht. Spiele ich ein PC-Game, dessen Handlung zur Zeit des Mauerfalls angesiedelt ist, dann gibt es die faktische Zeit des historischen Rahmens (Demonstrationen, Abdankung Honeckers, Reisefreiheit, Öffnung der Mauer, Wiedervereinigung) und meine eigene Zeit, wie ich mit meinen Entscheidungen durch das Spiel steuere. Leuchtet ein, ist aber nicht ganz unwesentlich für die Beurteilung von PC-Spielen mit historischen Inhalten.

Bevc untersucht die PC-Spiele unter dem Aspekt eines Einsatz in der politischen Bildung. Er unterscheidet beim Spielcharakter zwischen "Game" und "Play".
Play meint das freie Spiel, das sich nur ein bisschen oder kaum an die Regeln und an die Erzählung des Spiels hält. Game hingegen bezeichnet das regelkonforme Spiel, das dazu dient, das Ziel, das von den Spieldesignern ausgegeben wurde, zu erreichen, also der übergeordneten Narration zu folgen.
Beim "Game" ist der Nutzer also an die Narration gebunden, er muss ihr folgen, um das Spiel erfolgreich abschliessen zu können. Beim "Play" hingegen ist der Nutzer freier, er kann die Narration ignorieren oder gar umschreiben. Folglich ist die Einhaltung der durch die narrativen Vorgaben für den Spielerfolg nicht ausschlaggebend.

Bevc kommt für die politische Bildung zum Schluss:
Für die Zwecke der politischen Bildung ist ein Bildschirmspiel besser geeignet, das in einem bestimmten Maße Elemente von Play zulässt, will man die Spieler zu demokratischen Verhaltensweisen ermuntern. Es macht schließlich einen Unterschied, ob man etwas aus Gehorsam gegenüber den Regeln und der Narration macht oder aber aus eigener Einsicht. Durch das Konzept des Play wird dem Spieler erlaubt, autonom zu handeln. Nur so lassen sich zentrale demokratische Werte wie Pluralität, Perspektivübernahme, Respekt vor dem Anderen usw. erzielen.
Ich frage mich gerade, wie das wohl für PC-Spiele in Geschichte wäre. Ein Kriegsabenteuer im 2. Weltkrieg (wie etwa "Call of Duty"), bei dem die Spieler/innen entscheiden können, ganz unheldenhaft Kampfhandlungen auszuweichen, lieber Konzentrationslager zu befreien statt Feinde zu verfolgen, oder ein Sonderkommando aufzustellen, dass ein Attentat auf Hitler plant? Wäre das wünschenswert, anregend oder eher problematisch?

Für die politische Bildung jedenfalls kommt Bevc zum Schluss, dass die "politisch korrekten" Spiele meistens den Charakter von Games haben - also kaum Spielraum lassen, von der vorgegebenen Narration abzuweichen. Was mich nicht sehr erstaunt, denn schliesslich will man vorgegebene Aussagen vermitteln.

Spannender finde ich die Anmerkung Bevc zu den sehr erfolgreichen virtuellen Multi-User-Spielwelten (wie beispielsweise "World of Warcraft"), in denen es darum geht, in Clans oder Gilden einzutreten und dort nach klaren Regeln in einer Hierarchie aufzusteigen.
Warum ist es für so viele Menschen so attraktiv, sich auch in ihrer Freizeit freiwillig in ein System einzuordnen, in dem sie mindestens genauso regelbestimmt sind und einem ebenso großen Konformitätsdruck unterliegen, wie in ihrem realen Leben?
Interessant wäre auch zu ergründen, mit welcher Motivation sich Menschen an Spielen beteiligen, die das wirkliche Leben gleichsam real nachbauen, dabei stark auf wirtschaftliche Aspekte der Beziehungen setzen und extrem populär sind (wie etwa die "Sims" oder "Second Life"). Das wären spannende Forschungsfragen.

Literatur:

HOK Lesen: Quellen

14.12.06

HOK Lesen: Suchen und Finden: Projekt OpenAccess

Noch ein Nachtrag zum letzten Post bezüglich OpenAccess: Es gibt seit kurzem eine DFG-unterstützte Informationsplattform OpenAccess, die von der Freien Universität Berlin - Center für Digitale Systeme, der Niedersächsischen Staats- und Universitäts-Bibliothek Göttingen, der Bibliothek der Universität Bielefeld und der Bibliothek der Universität Konstanz getragen wird.

Vielmehr als eine Projektbeschreibung ist auf der undatierten (seit Ende November aufgeschalteten) Website allerdings noch nicht zu finden.
Die Diskussion um Open Access soll zukünftig intuitiv auch zu dem neuen Informationsangebot führen, sowohl um sich zu informieren, als auch um eigene Erfahrungen Anderen mitzuteilen.
Diese Ankündigung klingt da (noch) etwas gar vollmundig. Das Projekt entspricht aber sicherlich einem wachsenden Bedürfnis.


HOK Lesen: Suchen und Finden

HOK Reden: Fluch der Verfügbarkeit

Ich habe letzthin über die Deutung zunehmender Plagiate sinniert. Darauf sind auch interessante Kommentare verfasst worden. Das Thema hat mich in der Auseinandersetzung mit einer Kollegin auf einen Artikel von Arthur Sterngold gebracht, der auf den Zusammenhang mit den Unterrichtsmethoden verwies. Er plädiert für einen Wechsel von einem instruktionsbasierten zu einem lernbasierten Unterrichtsstil: Besser durchdachte und begleitete Aufträge an die Studierenden und mehr Interaktion mit ihnen.

Dies führte mich zu folgender Überlegung, ob nicht einfach nur Faulheit der Studierenden, sondern eben auch unterschiedliche Verständnisse überr den Nutzen der erteilten Aufträge Plagiarismus fördert. Wenn Dozierende (und ich zähle mich jetzt selbstkritisch auch dazu) Aufträge erteilen, heisst es oft: Tragen Sie Informationen zum Thema X zusammen, vergleichen Sie diese und präsentieren Sie ihre Schlussfolgerungen. Erwartet wird oftmals Fleissarbeit: Zusammentragen möglichst vieler Literatur und klare Darstellung des Inhalts. Meist schliesst keine Auseinandersetzung daran an, oft sind diese Arbeiten am Ende des Semesters, oder gar danach abzuliefern und versanden mit einem kurzen Dank in der Schublade des Dozenten.

Im prädigitalen Zeitalter mag noch gegolten haben, dass das Zusammentragen und zusammenschreiben ein intellektueller Akt sei (Bücher finden und lesen, Inhalte neu formulieren), der zu einem Lernerfolg führe. Wiewohl selbst diese Auffassung umstritten ist, so ist ihr Sinn heutzutage erst recht nicht ersichtlich. Warum sollten die Studierenden Informationen zusammentragen, zusammenfassen, zusammenschreiben, da dies von unzähligen Vorgänger/innen bereits einmal geleistet worden ist und die Informationen ja ohnehin jederzeit zugänglich und in Sekundenschnelle abrufbar sind. Fluch der Verfügbarkeit.

Da erscheint mir die Forderung einsichtig, dass die Aufgaben an die Studierenden besser durchdacht, begründet und begleitet werden sollten. Sterngold macht folgende Vorschläge:
  • Schriftliche Arbeiten in kleinere Aufträge aufteilen, und die Ergebnisse jeweils kontrollieren und besprechen, bevor die Studierenden weiterarbeiten
  • Themen der schriftliche Arbeiten mit dem Inhalt des Kurses in Verbindung bringen
  • (Zwischen-)Ergebnisse der individuellen schriftlichen Arbeiten in den Kurs integrieren
Im Vergleich mit der Praxis in den Geschichtswissenschaften klingt das vertraut, wenn man etwa an die Seminar-Referate denkt, die anschliessend zu schriftlichen Arbeiten ausgebaut werden. Doch wie konsequent wird das gehandhabt?

Literatur:
HOK Reden

13.12.06

HOK Reden: Internet-Governance

Wer regiert das Internet? Die Frage ist in einem Blog-Eintrag nicht zu beantworten - wenn sie überhaupt zu beantworten ist. Ein guter Ausgangspunkt ist die Artikel-Sammlung von Telepolis, die sich unter dem Titel "Cyber-Weltgipfel" seit der WSIS in Genf Ende 2003 mit Fragen der Internet-Regulierung befasst. Im Wesentlichen dreht sich die Auseinandersetzung darum, wer die Informationen verwalten darf, die das Internet überhaupt am Laufen halten: die Domain-Informationen, bzw. die Informationen darüber, wer welche Domains verwaltet. Das war jahrelang eine informelle Sache von US-amerikanischen Hochschul-Angestellten und Verwaltungsinstanzen der US-Regierung, welche die Entwicklung des Internets (zumindest seiner Ursprünge) finanzierte. Neuerdings wacht die ICANN, eine Stiftung nach amerikanischem Recht, über die Namensgebung im Internet.

Der jüngste Artikel "Weiter Uneinigkeit über Kontrolle des Internet" behandelt die momentan unklare Interessenlage. Neben der US-Regierung, die noch immer massgeblich Einfluss nehmen will, ist auch die UNO-Tochterorganisation ITU (Internationale Telecommunication Union) daran interessiert, hier ihren Einflussbereich zu definieren. Dies steht im Widerspruch zum Internet Governance Forum (IGF), das im Oktober unter der Leitung der UN erstmals zusammentraf. Im IGF arbeiten im Gegensatz zur ITU nicht nur Regierungsdelegationen, sondern auch Vertreter der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft zusammen. Dies soll einen Ausgleich der verschiedenen Interessen an der Regulierung des Internets gewährleisten, bedeutet aber eine Einschränkung des staatlichen Vorrechts auf Regelsetzung.

Dabei geht es noch gar nicht um technische Spezifikationen, welche das W3C durchzusetzen versucht (mit mässigem Erfolg, weil fast alle grossen Web-Unternehmen oder auch Microsoft die Standards ignorieren und lieber selber welche etablieren), und auch nicht um die Bereitstellung der technischen Infrastruktur, also der physikalischen Netze (die etwa beim Streit um die (hier bereits besprochene) Net Neutrality im Mittelpunkt stehen).

Sollen Aber sie wirft eine weitere Frage auf: inwiefern sind die Machtverhältnisse im Internet für die Historische Online-Kompetenz von Relevanz? Und in welchen Kompetenz-Bereich sind diese Fragen anzusiedeln? Hier ist zugleich anzufügen, dass Kompetenzen nicht mit Wissen gleichzusetzen ist. Dennoch bleiben viele Kompetenzmodelle unklar in der Frage, inwiefern Wissen Bestandteil, Gegenstand oder Voraussetzung von Kompetenzen ist.

Das Wissen über die Funktionsweise von ICT (Neuen Medien) und den Interessengruppen, welche die Entwicklung von Anwendungen vorantreiben und die Nutzungsmöglichkeiten regeln, ist für alle Kompetenzbereiche von Bedeutung. Ich weise es in erster Linie dem Bereich "Lesen" zu, da die Kompetenz, sich über die Interessen und Machtverhältnisse zu informieren, Grundlage dafür ist, ihre Auswirkungen für "Lesen", "Schreiben" und "Reden" einzuschätzen. Die Fähigkeit zur Einschätzung ist wiederum mit der Kompetenz der Reflexion und der Erörterung ("Reden") verbunden.

Übersicht: HOK Reden

7.12.06

Aus der Welt der Wikis: studentisches Wikipedia-Missverständnis

Heute überraschte mich eine Kollegin mit der erstaunten Frage: Könne es sein, dass ich unseren Lehramtsstudierenden gesagt habe, dass man in einer schriftlichen Arbeit aus Wikipedia zitieren dürfe?

Nun, offenbar habe ich die Differenzierungsfähigkeit der Studierenden etwas überschätzt. Denn: Nein, selbst Wikipedia-Gründer Jimmy Wales (wie hier im Blog bereits zitiert) sagt: aus Wikipedia soll man in schriftlichen Arbeiten auf Hochschulniveau nicht mehr zitieren. In der Regel. Natürlich sind Ausnahmen denkbar: wenn es etwa um den Vergleich von Definitionen geht, oder um die Darstellung spezieller Sachverhalte (etwa biografische Angaben zu Jimmy Wales), die nirgends sonst in zitierfähiger Form publiziert sind. Aber das heisst ja weder, dass "man aus Wikipedia zitieren darf" noch, dass man "Wikipedia nicht brauchen darf".

Jimmy Wales bringt es ganz gut auf den Punkt (auch dies im Blog bereits einmal zitiert):
Es ist einfach lächerlich, Studenten zu sagen, sie dürften die Wikipedia nicht nutzen. Sie tun es ja doch. Professoren sollten wieder ihre Verantwortung wahrnehmen, den Studenten beizubringen, mit der Welt auf eine erwachsene Art und Weise umzugehen.(...) Wenn Sie einen Roman über den Zweiten Weltkrieg lesen und da ein Begriff auftaucht, den sie nicht kennen, greifen Sie zu einer Enzyklopädie und schauen es nach. Müssen Sie eine Seminararbeit zu dem Begriff schreiben, sind weder Britannica noch Wikipedia die richtige Quelle.
(TR-Interview vom 11.8.2006)
Also mache ich das hier einmal ganz ausdrücklich. Ob Brockhaus oder Wikipedia: Lexikon-Einträge gelten nicht als wissenschaftliche Literatur. Wenn in wissenschaftlichen Arbeiten, wie sie an Hochschulen von den Studierenden erwartet werden, solche Literatur zitiert werden soll - dann kein Wikipedia.

Natürlich kann Wikipedia als aktuelle Quelle (wie ein Zeitungsartikel) zitiert werden. Dann ersetzt sie nicht die wissenschaftliche Literatur, sondern wird für die Erläuterung eines bestimmten Sachverhaltes beigezogen.

Ein Grenzfall sind wissenschaftliche Handbücher: Es ist möglich, dass einzelne Wikipedia-Artikel die Qualität von Handbuch-Artikeln haben (vor allem, wenn sie von dort abgeschrieben wurden, aber das Thema Plagiat wollen wir hier nicht vertiefen) und dass in wissenschaftlichen Arbeiten unter Umständen auch aus Handbüchern zitiert werden kann (vor allem bei Begriffsbestimmungen). Daraus lässt sich aber keine allgemeine "man kann aus Wikipedia zitieren"-Regel ableiten.

Hingegen können gute Lexikon-Artikel (und solche finden sich auch in Wikipedia) durchaus als erste Orientierung und als Einstieg in eine Recherche zu einem wissenschaftlichen Sachverhalt geeignet sein.

Übersicht: Aus der Welt der Wikis

HOK (in eigener Sache): Geschichte lehren an der Hochschule

Heute hab ich ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk erhalten: Die Publikation "Geschichte lehren an der Hochschule", die meinen Aufsatz zur Historischen Online-Kompetenz enthält und die auf jene Tagung zurückgeht, die der Anlass zur Eröffnung dieses Blogs war, ist bei mir in Form eines Belegexemplars eingetroffen.
Der Klappentext erläutert:
Wer als Dozent je vor einem schweigenden Seminar gestanden hat, weiß um die Bedeutung didaktischer Kompetenzen und Methoden.
Doch das Buch ist eigentlich das Gegenteil von Geschichte, als Erscheinungsjahr ist 2007 eingedruckt und entsprechend kann man es zwar schon vorbestellen, aber die Auslieferung dürfte für Nicht-Autoren nicht mehr vor Weihnachten stattfinden. Dennoch: eine lohnende Investition (nicht meines Aufsatzes wegen! Jedenfalls nicht nur...).

Literatur:
Pöppinghege, Rainer (Hg.): Geschichte lehren an der Hochschule. Bestandsaufnahme, methodische Ansätze, Perspektiven, Schwalbach: Wochenschau 2007 (ISBN: 978-3-89974294-7; 24.80 EUR).

6.12.06

Aus der Welt der Blogs: Welcome as new member of the category "Primarily Non-English Language" History Blog

Also bitte, Cliopatra, der Geschichts-Blog im englischsprachigen Raum (und zukünftiger Blog des Monats), hat meinen Blog entdeckt - und im über 500 Einträge umfassenden Blog-Verzeichnis ("Blogroll" für Insider, noch umfassender als in meinem letzten Hinweis) in der Kategorie "Primarily Non-English Language" eingeordnet. Prima. Wie meint Blog-Gründer Ralph E. Luker:
Even if English is your primary language, try exploring these in other languages
Ja, genau! Und auch wenn die Muttersprache Deutsch ist, darf man diesen Blog erforschen!

Übersicht: Aus der Welt der Blogs

HOK Lesen: Suchen und Finden: Literaturverwaltung und Web-Integration

Am Montag war ich an eine Diskussion über zukünftige Features des Literatur-Verwaltungsprogramms Lit-Link (das noch einiges mehr als Literatur-Verwaltung beherrscht) eingeladen. Dabei ging es unter anderem auch um die Frage, in welche Arbeitsumgebung die Literaturverwaltung eingebunden werden soll:
  • in ein Textverarbeitungsprogramm (à la EndNote - meiner Ansicht ein Ansatz aus der Vor-Web-Ära)
  • in einen Browser (also webbasiert - ein aktueller Ansatz des web 2.0)
  • in einer Literatur-Verwaltungssoftware (die als Schnittstelle agiert)
Jeder beantwortet diese Frage gemäss seinen Arbeitsgewohnheiten und -überzeugungen wohl anders. Feststeht jedenfalls, dass alle drei Lösungsvarianten sich aufeinander zu bewegen, dass mit anderen Worten Import- und Exportschnittstellen wichtig werden.

Wie viel da an Integration schon geboten wird, zeigen zwei kleine Beispiele. Zotero habe ich hier schon kurz vorgestellt, mich damals aber über mangelnde Zeit beklagt, das Ding zu testen, Prompt habe ich ein wesentliches Merkmal übersehen. Zotero ist ein FireFox-Plugin, das auf einer Website automatisch erkennt und mit einem Symbol (1) anzeigt, ob Daten vorliegen (2), die in die Literatur-Verwaltung übernommen werden können (3). Ein Klick, und die Daten sind in der Zotero-Datenbank.
Ähnliches leistet das Firefox Plugin XML-Dump (hier die Installations-Seite bei Litlink), das mit Lit-Link zusammenarbeitet - aber auch für andere Literatur-Verwaltungslösungen geeignet ist, da es das Austausch-Format XML produziert. Das XML-Dump-Plugin stöbert ebenfalls auf Knopfdruck (1) in der angezeigten Web-Seite Informationen auf, die auf eine bibliographische Angabe hinweisen, und bereitet diese als XML auf (2) und legt diese an einen frei wählbaren Ort ab.
In den Einstellungen kann auch spezifiziert werden, welche Angaben im Text wie interpretiert werden soll.

Auch die (Windows only-)Literaturverwaltung citavi bietet eine solche Web-Integration, die aber anders funktioniert: hier werden markierte Daten extrahiert, bzw. in bestimmten Literatur-Datenbanken abgefragt und die dort gelieferten Ergebnisse in die Datenbank aufgenommen.


Was fehlt? Eine Literaturverwaltung nur auf dem Netz? Gibt es auch: zum Beispiel Bibsonomy (auch schon hier kurz erwähnt), das stark an den Social Bookmark-Dienst de.licio.us erinnert (von wo auch Einträge samt Tags importiert werden können, habe ich mal gemacht). Dort können auch Literaturangaben erfasst und ge-"taggt" werden. Auch Import und Export in verschiedenen Formaten sind möglich; so habe ich Zotero-Einträge im BibTex-Format exportiert und in Bibsonomy eingelesen.

P.S.: natürlich gibt es noch weitere gute und sinnvolle Literatur-Verwaltungsprogramme. Wer will, darf seine Favoriten in die Kommentare schreiben.

Übersicht: HOK Lesen: Suchen und Finden

1.12.06

HOK Lesen/Schreiben: OpenAccess (Übersicht)

Wer sich zu OpenAccess informieren will, ist beim Weblog Archivalia bestens bedient, gleich mehrere Einträge der letzten Zeit fassen wesentliche Informationen zusammen und verweisen auf wichtige weitergehende Quellen:
Auch sonst ist die Rubrik "OpenAccess" dieses Weblogs als Informationsquelle zu empfehlen, zusammen mit dem Blog von OpenAccess-Spezialist Peter Suber. Siehe auch die in diesem Eintrag besprochenen Artikel zu OpenAccess in Telepolis.

Übersicht HOK Lesen/Schreiben, HOK Lesen: Quellen

HOK Reden: Über die Zeit III (Unterbrechungen)

Dank Beats Blog bin ich auf den Artikel von Jürgen von Rutenberg in der Zeit gestossen, der auf das Phänomen hinweist, dass wir von SMS, E-mail und Anrufen ständig unterbrochen werden - und einige von uns mittlerweile sogar schon süchtig nach den Unterbrechungen sind. Das ist dann der Fluch der Unterbrechung - kein Wunder, hat man keine Zeit...
Und wenn Rutenberg zum Schluss kommt:
Zerstreute Leute hat es schon immer gegeben, aber noch nie betrieben so starke Mächte die Erziehung der Menschheit zum Kurzdenken. Das zersplitterte Bewusstsein der Unterbrochenen ist inzwischen die herrschende Geisteshaltung unserer Zivilisation
- dann frage ich mich schon, ob es da nicht Zusammenhänge mit dem Copy/Paste-Syndrom gibt.

Übersicht: HOK Reden

HOK Lesen/Schreiben: Plagiate - oder: vom Abschreiben zum Fotokopieren zum Copy/Paste

Der bekannte Wikipedia-Kritiker Daniel Brandt (von wikipedia.watch) kommt in einer selbst durchgeführten Studie zum Schluss, dass mindestens 1% der Artikel in der englischen Wikipedia Plagiate enthalten (via Wikimetrics). Brandts Vorgehen klingt zwar plausibel, ist aber nur schwer nachzuvollziehen. Einerseits sind die Original-Daten (offenbar eine Liste von Biographien von Menschen, die vor 1890 lebten) nicht offengelegt. Auch die Ergebnisse seiner Auswertungen, die Sätze aus den Artikeln, mit welchen er ein Plagiat zu identifizieren sucht, ja noch nicht einmal die 142 Artikel, die aus seinem Sample von 16750 Artikeln als mit Plagiaten versehen identifizierte, sind zugänglich. So bleibt die Aussagekraft dieser Untersuchung unklar.

Schade, denn das Problem mit Plagiaten interessiert in der Bildungsszene (in Schulen und Universitäten) brennend, wenngleich auch eher umgekehrt - nämlich da, wo aus Wikipedia abgeschrieben wird. Die Lage ist gerade bei Wikipedia noch etwas komplizierter, weil dort das Kopieren von Inhalten explizit erlaubt ist - als Ausdruck eines "freien", nicht durch Urheberrechte geknebelten Wissens (hier passt der Link zur OpenAccess-Debatte). Doch beim Problem des Plagiats geht es weniger um Urheberrechtsfragen als um das Konzept wissenschaftlicher Redlichkeit, wonach fremde Leistungen nicht als eigene ausgegeben werden dürfen.

Hier wird dann gerne von Seiten der Lehrenden das mangelnde Verständnis der Schüler, Schülerinnen und Studierenden (=Lernende) für dieses Prinzip angemahnt, bzw. ein fehlendes Unrechtsbewusstsein beklagt.

Aber vielleicht gibt es auch eine andere Sichtweise, die stärker von den Effizienz-Potentialen medialer Praktiken (bzw. dem Bequemlichkeitspotential der Lernenden) ausgeht. Hier meine These. Das Prinzip der wissenschaftlichen Lauterkeit wird von Lernenden nicht verstanden, weil sie die ihnen gestellten Aufgaben einfach nur sehen als "Zusammentragen und Reproduzieren von Informationen, die andere Personen geschrieben haben". Ob man das in eigene Worte fasst oder nicht - es ist ohnehin eine Reproduktion von Gedanken eines Anderen, da ist "Copy/Paste" viel effizienter. Die gesparte intellektuelle Energie wird dann in die Produktion eigener Outputs investiert. Im Idealfall in die zusammenfassende Auswertung, vielleicht aber auch in das nächste Level des neuen XBox-Games oder in eine Viertel-Stunde Online-Chat.

Man könnte die "Copy/Paste-Seuche" auch als Fortsetzung der Verdrängung von Exzerpten durch Fotokopien sehen. Auch das wurde ja mal als Verlust intellektueller Betätigung beklagt, war auch von Effizienz-Überlegungen getrieben und war auch urheberrechtlich nicht unproblematisch (aber halt noch kein Plagiat). Die Überlegung lautete damals: "ich hab's kopiert, also hab ich's auch gelesen", nun heisst es: "ich hab's kopiert, also hab ich's auch geschrieben". Ich warte noch auf Berichte, dass Schüler mit Foto-Handy die Wandtafel-Anschrifen abfotografieren und der Lehrperson mitteilen, dass sie Foto dann ausdrucken und ins Heft kleben.

Vielleicht bedeutet das Plagiats-Problem für die Lehrenden nicht nur, dass sie "besser" kontrollieren und über die Wichtigkeit des Redlichkeitsprinzips "aufklären" müssen. Wäre ja eine Überlegung wert, welche Bedeutung dem "Zusammentragen und Wiedergeben" von Informationen gegeben wird, bzw. wie diese begründet ("Verstehen durch Erklären in eigenen Worten") und eingebettet werden ("Ausgangslage für Entwicklung eigener Argumentation"). Das bedeutet nicht, dass die Lernenden auf Anhieb verstehen, warum das "Copy/Paste"-Verhalten nicht nur von den Lehrenden verpönt, sondern am Ende auch für sie selber (bzw. ihr Sachverständnis) wenig gewinnbringend ist.

Bestätigt fühle ich mich durch die Analyse des Medienwissenschaftlers Stefan Weber, der das Problem der seiner Ansicht nach grassierenden Plagiate folgendermassen auf den Punkt bringt:
Die Universitäten fördern in ihrer Unbeholfenheit den Trend zur Umschreib-Mentalität, zur Textkultur ohne Hirn. (aus "Textueller Missbrauch")
Bei der Beurteilung des Verhaltens der Lernenden ist auch zu berücksichtigen, inwiefern die Lehrenden selber hier mit gutem Beispiel vorangehen (oder eben nicht). Bedenke: auch die Lernenden können mit einer Google-Recherche ausfindig machen, ob das Arbeitsblatt, die Aufgabenstellung oder die Zusammenfassung von wo anders stammt.

Zum Wandel des Schreibprozesses im digitalen Zeitalter im Zusammenahng mit der Frage von Plagiaten lohnt, nebst der pessimistischen Analyse von Stefan Weber zum Google-Copy-Paste-Syndrom, die Lektüre des Artikels Pimp My Text von Frank Hartmann.


Literatur:

Übersicht HOK: Lesen/Schreiben, HOK Lesen: Quellen