29.9.05

Historische Online Kompetenz: Fragen, Fragen, Fragen

Aufgrund einer Anfrage habe ich mir überlegt, wie in einem Fragebogen zur Evaluation von eLearning-Plattformen nach Aspekten der Historischen Online-Kompetenz gefragt werden könnte. Hier die skizzenartige Antwort, die gerne übernommen (mit Quellenangabe und Mitteilung an mich, wenn's recht ist) und weiterbearbeitet werden kann und soll (auch in diesem Fall freue ich mich über Rückmeldung).

Solche Fragen müssen sich an den Ideen der "historische Lese/Schreibe/Redekompetenz" orientieren (hier muss ich nochmal auf die Überlegungen in Göttingen verweisen, PDF 388K) und lassen sich auch so gruppieren.

Lesen
  • Selbsteinschätzung
    • Welche Suchstrategien, Suchhilfsmittel werden für Fragestellungen/Aufgaben im Fach Geschichte genutzt? Sind dies andere als bei der sonstigen Internet-Nutzung? Warum? Warum nicht? Sind sich die Studierenden in dieser Hinsich sicher? Kennen Sie Suchstrategien/Hilfsmittel oder besteht hier ein Informations- und Schulungsbedürfnis?
    • Qualitätssicherung, Quellenkritik: Wie beurteilen die Studierenden die Qualität des gefundenen Materials? Mit welchen Kriterien arbeiten Sie, was sind Referenzen?
    • Beurteilung von multimedialen oder hypertextuellen Inhalten im Fach Geschichte: Kennen sie solche? Sind sie gleichwertig wie gedruckte Materialien? oder besser? in welcher Hinsicht?
  • Fremdeinschätzung
    • Gleiche Fragestellung mit einer konkreten Aufgabenstellung: Finden Sie Material zum Thema/Autor xy. Legen Sie dar, wie Sie vorgehen und welche Hilfsmittel Sie aus welchen Gründen benutzen?
Schreiben
  • Können die Studierenden sich mithilfe der Neuen Medien wissenschaftlich zu Wort melden? Beherrschen sie die medialen Werkzeuge um zu publizieren? Fassen sie das ins Auge, in welcher Form, wo? Vertrautheit mit Erstellung von Hypertexten?
  • Einschätzung der Möglichkeiten kollaborativen Schreibens (Kenntnis von Wikipedia, Wiki-Prinzip, Einschätzung, könnten sie sich vorstellen, auch so zu publizieren oder zu Wiki beizutragen?)
Reden
  • Formen des Austausches, Kommunikationsverhalten (e-mail, Foren, chat, weblogs): privat, wissenschaftlich? Sind wissenschaftliche Nutzungen denkbar?
Einschätzung von Lernmanagement-Systemen
(wie Blackboard, WebCT und andere), bzw. eines konkreten Geschichts-Angebotes in einem solchen System
  • Allgemeine Beurteilung (Handhabbarkeit)
  • Beurteilung für wissenschaftliche Arbeit
    • Nutzen für Studienorganisation
    • Nutzen für "Lesen": Informationsbeschaffung, Orientierung
    • Nutzen für "Schreiben": Verfertigen von Arbeiten/Beiträgen
    • Nutzen für "Reden": Austausch über organisatorische, informelle/private, wissenschaftliche Fragen
  • Beurteilung der Inhalte
    • Lerngewinn/Informationsgehalt
    • Passung Inhalte/Form
    • Mehrwert durch spezifische mediale Aufbereitung
Das ist, besonders in Bezug auf die Beurteilung bestehender Lernplattformen und Online-Lernangebote noch ziemlich rudimentär, lässt sich aber wohl noch ausbauen.

28.9.05

Aus der Welt der Blogs (Intro)

Es mag befremdlich wirken, in einem Blog zu erklären, was Blogs sind. Doch a) hat auch dieses Medium etwas Selbstreferentielles, und b) ist es für die Frage, ob Blogs eine Bedeutung für die Historische Online Kompetenz haben, von Wichtigkeit, sich zu vergewissern, was andere Leute von Blogs halten, insbesondere jene, die solche verfassen und sie als neues Medienform propagieren.
Für einen ersten Einstieg: die c't, reichlich bekanntes und renommiertes Fachmagazin für Computer-Technik, hat in der Ausgabe 19/2005 die Weblogs auf die Titelseite gebracht. Einen Teil der Titelgeschichte "Massenmedium. Blogosphäre: Kommunikationsgeflecht und Marketingfaktor" kann auf den Archiv-Seiten des c't-Webauftrittes gelesen werden.
Zwei wesentliche Erkenntnisse, warum Blogs ein Trend sind (und dies nicht nur von Trend suchenden Journalisten herbeigeschrieben wird):
  • Blogs sind technisch einfach zu eröffnen und zu betreuen: Einfacher als eigene Homepages, Websites oder gar Foren. Dennoch bieten sie ziemlich viel: Verlinkungsmöglichkeiten und Archivfunktionen. Die Struktur ist denkbar einfach, kein Blogger braucht sich über die Strukturierung des Blogs Gedanken zu machen: Es ist einfache eine aneinandergereihte Menge Text. Und wenn der Verfasser will, kann jeder einfach seine Meinung zum Text kundtun.

  • Blogs sind daher auch einfach zu starten und zu pflegen: Im Gegensatz zu Foren, Mailing-Listen oder Diskussionsgruppen kann ein Blog auch gut funktionieren, wenn nur eine Person sich um das Verfassen von Texten kümmert.

Natürlich sind gerade diese Elemente auch dafür verantwortlich, dass die Blogs das Image von Selbstdarstellungs-Werkzeugen haben. Doch die Bandbreite von Blogs ist sehr gross, fast jeder Blog hat seinen eigenen Charakter. Bei ca. 16 Millionen Blogs (soviele sind im auf Blogs spezialisierten Suchdienst technorati verzeichnet) kann man da schnell die Übersicht verlieren, bzw. beim Versuch scheitern, etwas Bestimmtes oder gar Nützliches zu finden (hatten wir das nicht schon mal?). Dazu eine dritte Erkenntnis:
  • Die Technologie, die den Blogs zugrunde liegt, ermöglicht auch eine sehr schnelle Indizierung in Suchsystemen (neue Einträge können innerhalb von Stunden erfasst werden) und mit der neuen Möglichkeit des RSS (Rich Site Summary) kann man sich als Leser Inhalte nicht nur einfach zusammenfassen, sondern auch Hinweise auf neue Einträge anzeigen lassen.

Die Geschwindigkeit und Flexibilität ist auch der Grund, weshalb Blogs besonders im Journalismus mit grossem Interesse verfolgt wird. Dazu in einem anderen Beitrag mehr.

25.9.05

Hodels Historische Online Kompetenz - oder: über Inhalte und Verantwortlichkeiten

Worum soll es in diesem Weblog gehen? Im Prinzip um alle möglichen Aspekte, die im weiteren Sinne mit dem Modell historischer Online-Kompetenz zu tun haben, wie ich sie an der Tagung in Paderborn (siehe Eintrag vom 23.9.2005) oder in der soeben im Chronos-Verlag erschienenen Publikation "Vom Nutzen und Nachteil des Internets für die historische Erkenntnis" dargelegt habe (unter dem Titel: Historische Online-Kompetenz. Überlegungen zu einem hybriden Kompetenzmodell. PDF 404K). Gerne nutze ich die Gelegenheit des Selbstversuches um gleichsam öffentlich schlauer zu werden. Das Modell ist ohne Zweifel noch in Entstehung begriffen, bzw. stetiger Verbesserung oder Nachbesserung unterworfen.
Dass es sich dabei um Ideen handelt, für dich ich alleine gerade stehen soll, muss und will, umschreibt auch der Titel des Weblogs. Es handelt sich um ein Projekt im Rahmen von hist.net (bzw. technisch gesehen als Gast von blogger.com, eine Wahl, die schon kritisiert wurde), das aber doch von mir verantwortet wird. hist.net-Mitbegründer Peter Haber ist aufmerksamer Beobachter dieses Experiments, nicht aber verantwortlicher Co-Autor.

23.9.05

Bloggen und Geschichte - oder: Warum dieser Blog?

Vor 14 Tagen nahm ich an einer Tagung in Paderborn mit dem Titel "Geschichte lehren an der Hochschule" teil. Die Tagung drehte sich um Ansätze und Erfahrungen im Bereich der Hochschuldidaktik im Fach Geschichte. Etwas plakativ formuliert: Gibt es einen Unterricht an der Uni jenseits von Vorlesungen und Referatsseminaren? Es ist hier nicht der Ort, diese Tagung zusammenzufassen (dies geschieht an anderem Ort, der Hinweis darauf wird hingegen hier zu finden sein bei gegebener Zeit; hier schon einmal das Tagungsprogramm).
An dieser Tagung stellte ich ein Modell der "Historischen Online-Kompetenz" vor (die Folien kann man sich gerne hier runterladen (PDF, 388K) - aber ob die ohne Erläuterung was hergeben...?). Zurecht mahnte mich die Runde an die Praxistauglichkeit der Vorschläge. Was, bitte sehr, soll den von diesen Ideen im alltäglichen Unterricht, etwa einem Einführungsproseminar, eingesetzt werden, und wie?
Und hier bin ich nun. Kann man einen Blog im Bereich Geschichtswissenschaften über eine längere Zeit gewinnbringend führen? Bietet das einen Beitrag zum "epistemischen Schreiben", wie ich es im meinen Ausführungen als bislang kaum verwendete Nutzungsmöglichkeit der Neuen Medien in den Geschichtswissenschaften anführte? [Zum epistemischen Schreiben, dem "Schreiben, um zu verstehen", eine passende Einführung (PDF, 32K), verfasst von Matthias Nückles et al. vom Institut für Psychologie an der Uni Freiburg. Sie umschreibt beispielsweise Sinn und Zweck von studentischen Lernprotokollen in Lehrveranstaltungen. Ich nehme mir allerdings die Freheit, mich nicht an die vorgegebenen Leitfragen für ein Lernprotokoll zu halten, das ist ja hier auch keine Lehrveranstaltung].
Oder kann ein Weblog (zumindest) als "lautes Denken" dienen, auf das Andere Bezug nehmen können? Wenn die das überhaupt wollen. Falls nicht, stirbt dieser Weblog vermutlich einen "schnellen Tod" - ausser ich finde Gefallen an Selbstgesprächen... Aber eben: ausprobieren muss man halt schon, was man propagiert. "Eat your own dog food" sagen die Amis dazu. Übrigens eine Redewendung, die gar nichts mit Hundefutter zu tun hat, sondern in der e-Business-Euphorie der 1990er Jahre entstanden ist (wenn meine Quelle stimmt...). Nächstes Mal sage ich dann mehr über mögliche Inhalte dieses Weblogs.

Update: Wer soweit gelesen hat, und nach dem 24. Oktober 2006 hierher gefunden hat, sei auf die Ergänzungen zur Historischen Online-Kompetenz auf der entsprechenden hist.net-Seite (http://hist.net/hok) und auf den Eintrag "Was soll HOK? Ein Zwischenstand" hingewiesen.