29.5.06

Aus der Welt der Wikis: Siemens "korrigiert" Wikipedia

Mittlerweile ist es nur noch ein Kleinmeldung wert, wenn Chefs ihre Mitarbeiter den sie betreffenden Eintrag in Wikipedia korrigieren lassen (beispielsweise Abgeordnete des US-Kongresses). Neuster Fall: Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, Klaus Kleinfeld. Immerhin geben sich die Siemens-Mitarbeiter beim Versuch, die Firmenversion durchzudrücken - will sagen, zu editieren - als Angestellte der Firma zu erkennen. Was auf den ersten Blick etwas gar naiv-ehrlich erscheint, ist doch ein Hinweis darauf, dass auch das "Big Business" den Image-Wert eines Wikipedia-Eintrages erkannt hat. Zuerst kommen die offen agierenden Mitarbeiter, später vermutlich von Spin-Doctors eingesetzte "Freiwillige" - irgendwann wird eine Firma versuchen, sich das Editionsrecht zu Artikeln, die sie betreffen, vor Gericht zu erstreiten. Das klingt jetzt zynisch und plutokratisch-kulturpessimistisch - doch immerhin ist die Wikipedia-Community noch in der Lage, sich diesen Beeinflussungsversuchen zu widersetzen.

Schliesslich ist die Geschichte auch ein schöner Beleg für ein Argument, das in der Besprechung meines Referates an der hist06 Erwähnung fand.
Genau diese minutiöse Buchführung der Wiki-Systeme über sämtliche Veränderungen könnte ein wichtiger Faktor für die Akzeptanz von Kollektiv-Autorschaften in den Geisteswissenschaften werden. Wenn der Anteil eines jeden Autors an einem Text stets transparent ist, fällt vielleicht auch der Verzicht auf die alleinige Autorschaft nicht mehr so schwer.
Zwar geht es beim Beispiel von Siemens-Chef Kleinfeld weniger darum, dass die Autoren ihre Ansprüche auf die Autorschaft abtreten. Doch die Transparenz des Schreibprozesses ist ein Aspekt von Wikis, die sie zu einem interessanten Gegenstand für die Historische Online-Kompetenz machen. Die kompetenten Leser/innen können sehr wohl ausfindig machen, welche Teile eines Textes von welchen Autor/innen stammen. Und sie können darauf vertrauen, dass ihre Anteile auch kenntlich werden und bleiben.

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7.5.06

HOK Lesen: Quellen: Die Dritte Dimension - Karten

Seit Google Maps es ermöglichen, vom Desktop aus den Strassenzug des Lieblingsrestaurants in New York zu eruieren, und Online-Routenplaner (wie zum Beispiel map24) einem den Weg zu unbekannten Tagungsorten oder Besprechungs-Treffpunkten zeigen, ist die Bedeutung der interaktiven Möglichkeiten von ICT für die Darstellung räumlicher Sachverhalten offensichtlich. Routenplaner und Karten sind zwar zweidimensionale Abbildung; doch Google Earth bietet bereits dreidimensionale Darstellungen, vor allem von Städten, die sich wir Karten nutzen lassen.
Besonders interessant ist die benutzergesteuerte Verbindung von Daten aus verschiedenen Quellen, also etwa die Kombination eines besonders interessanten Verzeichnisses von Restaurants mit einer Karte, oder die Kombination von Wikipedia-Artikel mit GoogleMaps wie etwa MyGeotags, wo auch andere räumliche Informationen von den Benutzer/innen eingegeben werden können. Ähnlich funktioniert. Diese als Mash-up bezeichnete Technologie ist noch nicht ganz auf dem Niveau der Endnutzer/innen angelangt, sondern noch ein Feld von Website-Betreiber, die mit dieser web 2.0-Technologie ihre Angebote aufpeppen (vgl. das Verzeichnis bei web2null.de). Sie gilt aber als wegweisend für die zukünftige Nutzung und Erstellung von Karten.
Konkretes Beispiel für eine Anwendung eines solchen 3D-Mashup: Pascal Treuthardt, ein Diplomand des Hyperwerks (an der Hochschule für Gestaltung der Fachhochschule Nordwestschweiz) hat mithilfe von Google Earth ein Programm entwickelt, mit dem in Basel eigene dreidimensionale Objekte platziert werden können - zumindest virtuell. Der Name des Ganzen: Simbasel.
Auch hier entstehen neue Quellengattung, die zunächst einmal angemessen "gelesen" werden wollen. Eventuell bieten sich aber auch Möglichkeiten fürs "Schreiben". Es gäbe wohl einige geschichtswissenschaftliche Nutzungen solcher Mash-up: und sei es nur, die alten mittelalterlichen Stadtmauern der Stadt Basel in der aktuellen Google Earth-Darstellung zu zeigen.

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Aus der Welt der Wikis: Wiki meets Business & Projekt Wikinger

Nur um die allfällige Einschätzung zu korrigieren, Wikis seien lediglich ein Instrument von Akademiker/innen, Ausbilder/innen und ehrenamtlichen Wissensarbeiter/innen: Ein Bericht der Internet-Week schildert das wachsende Interesse verschiedener Firmen, Wikis für die unternehmensinterne Kommunikation einzusetzen.
Das Wikis nicht ausschliesslich für Projekte eingesetzt werden, bei welchen sich buchstäblich alle beteiligen können (wie bei Wikipedia), zeigt auch das Projekt "Wikinger". Dabei handelt es sich um den Versuch, einer geschlossenen Gruppe von mehreren hundert Wissenschaftler/innen ein Werkzeug an die Hand zu geben, um gemeinsam Texte zu bearbeiten und zu entwickeln. Dabei sollen auch Technologien des semantischen Webs eingesetzt werden, um das System für Suchabfragen intelligenter zu gestalten. Das soll laut Heise-Meldung folgendes ermöglichen:
Im Gegensatz zu Suchmethoden, die nach bestimmten Zeichenketten fahnden, jedoch "blind" für deren Inhalt sind, bewältigen semantische (bedeutungsorientierte) Ansätze Suchaufgaben, wie sie zum Beispiel bei der Suche nach Synonymen (verschiedene Strings mit gleicher Bedeutung) oder unter umgekehrten Vorzeichen bei Homonymen ("Bank") entstehen.
Alles klar? Aber hier geht es nicht um die Verständlichkeit von Technik-Journalismus sondern um die Möglichkeiten von Wikis (in Verbindung mit anderen Technologien), vor allem aber darum, dass dieses interessante Projekt wie gesagt für geschlossene Gruppen konzipiert ist und wir "Aussenseiter" auf die Chance warten müssen, dass an einer Tagung mal zu Gesicht zu bekommen, oder vielleicht mal einen Gastzugang zu erhalten. Das ist eine Eigenschaft an Wikipedia, die ich wirklich schätze: Da kann jeder das Konzept studieren, ausprobieren sich eine eigene Meinung bilden. Viele akademische Wissensprojekte mit ICT-Untersützung bleiben einem kleinen Kreis vorbehalten. Schade, denn vielleicht ist das Sprichwort "Probieren geht über Studieren" bei ICT-Projekten erst recht gültig.

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